Erstattung von Physiotherapiekosten | AdvoGarant

Die Frage, in welcher Höhe eine private Krankenkasse ihrem Versicherungsnehmer die Kosten einer Physiotherapie zu erstatten hat, die nicht von einem Arzt, sondern von einem Physiotherapeuten erbracht worden ist, wird kontrovers diskutiert und ist Gegenstand einer Vielzahl von Gerichtsentscheidungen.

Ärzte rechnen ihre Tätigkeit nach der Gebührenordnung für Ärzte (GoÄ) ab. Dies auch dann, wenn sie physiotherapeutische Leistungen erbracht haben. Die GoÄ sieht insoweit Höchstsätze vor. Sie gilt aber nicht für Physiotherapeuten. Fraglich ist daher, nach welchen Regeln private Krankenkassen ihren Versicherungsnehmern gegenüber die Kosten für physiotherapeutische Leistungen von Physiotherapeuten erstatten müssen. Konkret geht es um folgende Bestimmungen der sog. Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten-und Krankenhaustagegeldversicherung, die Bestandteil des Vertrages mit der privaten Krankenversicherung sind:

„§ 4

Umfang der Leistungspflicht

(1) Art und Höhe der Versicherungsleistungen ergeben sich aus dem Tarif mit den Tarifbedingungen

.....

Zu § 4 (1) 

a) Gebühren und Kosten sind im tariflichen Umfang bis zu den Höchstsätzen der jeweils gültigen amtlichen Gebührenordnungen sowie den Verordnungen über Krankenhauspflegesätze in der Bundesrepublik erstattungsfähig….“

Fraglich ist nun, ob und wie diese Bestimmungen auch die Kostenerstattung physiotherapeutischer Behandlung durch Physiotherapeuten regeln. Rechtlich sind diese Versicherungsbedingungen sog. Allgemeine Geschäftsbedingungen. Solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an (vgl. etwa BGH, Urteil vom 18.01.2006 – IV ZR 244/04 – Rn. 12 m. w. N.).

Aus der Perspektive dieses durchschnittlichen Versicherungsnehmers kommen Amts- und Landgerichte aber bisher zu unterschiedlichen Ergebnissen. Während überwiegend angenommen wird, dass mit den o.g. Bestimmungen zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer klar, eindeutig und sachangemessen vereinbart sei, dass auch für die Kostenerstattung der Leistungen von Physiotherapeuten die Höchstsätze der GoÄ gelten (so auch das Amtsgericht Bergisch Gladbach in einem von uns für eine Versicherungsnehmerin geführten Verfahrens (62 C 391/16), ist nunmehr das Landgericht Köln in der Berufungsinstanz (23 S 10/17) unserer Rechtsauffassung gefolgt und hat in einem Zwischenbeschluss mit derselben Eindeutigkeit zum Ausdruck gebracht, dass der o.g. Verweis auf die GoÄ nur für ärztliche Leistungen, nicht aber für Tätigkeiten von Physiotherapeuten gelte.

Für deren Dienstleistungen sei vielmehr § 612 Abs. 2 BGB maßgebend. Danach kommt es auf die „übliche Vergütung“ an. Dies bedeutet, dass die private Kasse dasjenige zu erstatten hat, was Physiotherapeuten nach einer festen Übung für gleiche oder ähnliche Dienstleistungen an dem betroffenen Ort mit Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse gewöhnlich ihren Patienten berechnen (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 77. Aufl. 2018, § 612 Rn. 8 m. w. N.).

Sollten Sie im Rahmen der Kostenerstattung von Physiotherapiekosten Kürzungen Ihrer eingereichten Rechnungen durch Ihre Versicherung ausgesetzt sein, sollten Sie einen Anwalt kontaktieren.

Stand: 25.09.2013